In meinen Gedanken taucht nun auch SIE auf, ihre Zeit am Meer mit all den Eindrücken und Erlebnissen, die sie in ihrem Buch so berührend beschrieben hat. Ich habe es mir hervorgeholt und nochmals gelesen … besonders meine „Lieblingsstellen“ (es gibt da einige) und ein besonderes Zitat, das mich überhaupt zu diesem Buch geführt hat …
und ich denke dabei auch wieder an einen Dichter, dessen Werk hier bei uns leider kaum bekannt ist oder gelesen wird: Luís Vaz de Camões. Erika Pluhar erwähnt einen Satz von ihm in ihrem Buch … es sind Worte, die ihr der Geliebte zuflüsterte – gefangen in einer Sehnsucht, die der ungleiche Rhytmus der Wellen, die rauhe See, das wundervolle Meer in ihm auslöst:
„Aqui… onde a terra se acaba e o mar comeca.“ – „Hier … wo die Erde endet und das Meer beginnt…“
(Dies kann man auf einer Steintafel am Capo da Roca/Portugal lesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Cabo_da_Roca
diesen Ort möchte ich unbedingt bald auch selbst erfahren und erleben 🙂 )
Doch, hier zunächst aber ein kleiner Textauszug aus dem Buch:
„Manchmal wandte ich den Kopf zu dir hin und schaute dich an. In mir sass immer noch der Nachhall eines Erschreckens, der Blick auf dich schien eine Art Rückblick auf mich selbst zu sein, ich versuchte in deinen Zügen meine eifersüchtige Erregung von vorhin zu rechtfertigen, als könne ich in deinem Profil eine beruhigende Erklärung finden. Du sahst mit leicht zugekniffenen Augen auf die flimmernde Strasse, dein Haar flatterte sanft, als bewege es ein liebevoller Atem. Du lenktest das Auto so unmerklich, dass es von allein zu fahren schien, du selbst ein geniessender Mitreisender.
Ich schaute dich an, Äonen entfernt, hinter unzähligen Horizonten, das Kreisen der Welten zwischen uns, unmöglich, einander je zu erreichen.
Schliesslich konnte ich meine Augen nicht mehr von dir lösen, denn du schienst mehr und mehr in dieses ferne Universum davonzugleiten, während mich die Wellen der heissen Luft umschlossen, einschlossen in einen unsichtbaren Käfig. Mir war, als hätte ich selbst die Verbindungsschnur zu dir hin durchtrennt, dich entfliegen lassend wie einen Luftballon, Tragödien meiner Kindheit, dieser hilflose Schrei hinterher, und nur meine Unachtsamkeit hatte den Ballon von mir getrennt, er verkleinerte sich mit erbarmungsloser Schnelligkeit, nur noch eine kleine erdbeerrote Kugel im wolkigen Himmel, die Kugel zu einem Punkt geworden, und schliesslich der gänzliche Verlust, die Auflösung, das Nichts. Ich blieb mit aufgehobenem, tränenüberströmtem Gesicht zurück, Wolkenschatten zogen darüber hin, wir kaufen einen neuen [….] ich wollte keinen neuen. Durch meine Schuld war er entglitten, es gab keinen Trost, für ewig entleert hing der Himmel über mir. Gleichermassen schienst du mir verlorengegangen zu sein. Mein kurzer eifersüchtiger Hass war wie ein Schnitt gewesen, alle Fäden zwischen uns durchtrennt. [….]
Das Meer rauschte und dröhnte, eine Möwe sauste mit gellendem Schrei dicht über uns hinweg.
„Hör zu“, wiederholtest du, und nach einer kleinen Pause sprachst du weiter, „natürlich kannst du ohne mich leben, genauso, wie ich ohne dich leben kann. Aber wir werden niemals wieder ohne einander leben, ohne das Bewusstsein, das wir voneinander haben.“ “
(aus: „Als gehörte eins zum anderen“/Erika Pluhar)
Pluhar und Camões … ich mag ihre Worte, die mich so sehr inspirieren.
Denn die im Leben um das Leben geizen,
Entsagen unbelohnt des Lebens Reizen.
Luís Vaz de Camões (1524 – 1580), portugiesischer Abenteurer und Dichter