Eine Weihnachtsgeschichte – überraschend heiter!
Wie jedes Jahr habe ich auch während dieser Weihnachtszeit einige Weihnachtsgeschichten gelesen. Die mit Abstand „stimmungsvollste“ war diese:
„Feier mit Hindernissen“ … von Erich Kästner. Ein toller Buchtipp von Danny, der das Buch auch gerade liest. Ich weiss, ich darf nichts vorwegnehmen, aber so ein ganz kitzekleines Textauszügchen muss ich hier einfach erwähnen – damit ich die Geschichte nicht vergesse. Also:
„Weil ich nicht im engeren Sinne Familiäres vorhatte, ging ich hin. Es waren mehrere Herren und Damen anwesend, und Paula rief, nun könne das Essen anfangen. Die Wirtin kam ins Zimmer und trug einen Stoss Teller. Einer der Herren fragte, ob er behilflich sein dürfe, griff nach den Tellern und warf einen nach dem anderen, quer durchs Zimmer, auf den Tisch, an dem wir sassen. Dann pfiffen Messer und Gabeln an unseren Ohren vorbei und legten sich gehorsam neben die Teller. Die Wirtin schrie um Hilfe. Aber der Herr sagte freundlich: „Keine Sorge, liebe Frau, ich bin der weltberühmte Jongleur Mazeppa.“ Und dann schleuderte er dampfende Frankfurter Würstchen, für jeden Gast ein Paar, auf die Teller. Ich bin ein offener Charakter; zu lügen widersteht mir; ich erkläre, dass er den Kartoffelsalat auszuteilen der Wirtin überliess. Wegen der Mayonnaise.
Wir waren unser sieben. Und Paula sagte, Alfredo, der Luftakt, fehle noch, doch die Haustür sei bis zehn offen. Wir wünschten einander Appetit und begannen zu essen. Da erhob sich ein würdig wirkender, vollbärtiger Herr, und wir legten die Bestecke beiseite, um seiner Tafelrede zu lauschen. Er sagte aber gar nichts, lächelte nur höflich, packte das Tischtuch und riss es blitzartig unter den Tellern und Gläsern fort. Das Geschirr klirrte kaum. Paula sah, dass ich zusammenzuckte, und meinte begütigend, Professor Bellini sei ein grosser Zauberkünstler. Ich entgegnete, ich habe einen nervösen Magen. Der Professor bat um Entschuldigung. „Schon gut“, sagte ich, leicht verstimmt.
Wir assen unsre Frankfurter Würstchen. „Eigentlich wollte ich einen Christbaum mitbringen“, sagte Professor Bellini zu Paula, „aber ich dachte, du hast einen.“ „Nein, Alfredo wollte ihn besorgen“, meinte Paula.
„Ich begreife nicht, wo der Kerl bleibt“, erklärte eine muskulöse Blondine.
„Alfredos Partnerin, sie heisst Elvira“, flüsterte mir Paula ins Ohr. da klopfte es, als poche jemand gegen Glas.
„Da ist er endlich“, rief Elvira und lief blindlings zum Fenster. Sie öffnete es; draussen, die Winternacht im Rücken, stand ein eleganter junger Mann. Er hielt einen allerliebsten Tannenbaum, der mit brennenden Kerzen besteckt war, in der Hand und wünschte Fröhliche Weihnachten.
„Ist er wirklich sämtliche vier Stockwerke draussen am Haus hochgeklettert?“ fragte ich ernstlich erschrocken. Paula nickte und schien sich nicht zu wundern. …. “
Sehr humorvoll geht’s im Buch weiter – wie schon erklärt darf ich aber nicht alles vorwegnehmen. Aber ich kann euch versichern, ich wäre unglaublich gerne unter diesen besonderen Weihnachtsgästen gewesen
Und auch die anderen Geschichten in diesem Buch sind unbedingt lesenswert – Erich Kästner eben!
Das Buch: „Der Herr aus Glas“
So, jetzt lese ich weiter