Fuckin Sushi/Marc Degens

Meine Wochenendliteratur … kleiner Tipp zu einem grossen Buch

Nur mal ein paar Worte aus einer Kundenrezension, die mich aufhorchen liessen:

„Geiler Krach!
Von Christopher Kurbjuhn am 16. April 2015

Leute, wenn ihr früher als Jungs mal in einer Band mitgespielt und so richtig geilen Krach gemacht habt, lest unbedingt dieses Buch. Auch wenn ihr nur in der gleichen Klasse wie so ein Typ wart oder jemanden kanntet, der in so einer Band gespielt und richtig geilen Krach gemacht hat, lest dieses Buch. Und wenn ihr vielleicht einen Sohn habt, der in das Alter kommt, wo er sich eine Gitarre, einen Bass oder ein Schlagzeug wünscht, weil er in einer Band spielen und richtig geilen Krach machen möchte, lest »F… Sushi« von Marc Degens und borgt es dann eurem Sohn.

Wer jetzt denkt, dass der Buchtitel »F… Sushi« vielleicht gleichzeitig der Name einer Band ist, liegt vollkommen richtig und hat die Eignungsprüfung für den Leistungskurs Deutsch bestanden: F… Sushi wird von Basser Niels und Gitarrist und Sänger René gegründet, die sich bei einem Straßenkonzert vor Heinos Café in Bad Münstereifel musikalisch gefunden haben. F… Suhsi spielen irgendwas zwischen Punk und Thrash Metal, die Titel sind ausnahmslos sehr lang (Niels findet alles unter zehn Minuten nichtssagend) und heißen wie bekannte Fernsehsendungen (»Promi Shopping Queen«). Als Drummer Lloyd, der über ein Auto und einen Übungsraum verfügt, zu F… Sushi stößt, gerät die Band in die Erfolgsspur. Und mit Nino, die die Jungs bei einem Benefizkonzert für Bundeswehrangehörige (!) kennenlernen, als Keyboarderin geht die Band beinahe durch die Decke: triumphale Konzerte in Underground-Clubs und ein viral gehendes Video mit über vierhunderttausend Klicks führen zu einer Tournee mit drei Stationen und dem Anfang vom Ende der Band: Eifersüchteleien und Größenwahn gibt‘s nicht nur an der Spitze der Charts sondern auch ganz unten, und am Ende sitzt Niels alleine in New York und schreibt die Geschichte der Band auf. Während René, Lloyd und Nino unter neuem Namen (»Telekong«) weiter unterwegs sind…

»F…Sushi« ist einer der schönsten Coming-of-Age-Romane, die ich in den letzten Jahren lesen durfte, und das hat mehrere Gründe. Zum einen verfügt Marc Degens über einen immens lakonischen Humor, und mit dem hat er seine Protagonisten ebenfalls reichlich ausgestattet ….“

(weiter geht’s hier: http://www.amazon.de/Fuckin-Sushi-Roman-Marc-Degens/dp/3832197478 )

Als ich auf dieses Buch stiess, musste ich sofort lächeln. „…und am Ende sitzt Niels alleine in New York und schreibt die Geschichte der Band auf.“ Irgendwie kommt mir das doch bekannt vor 🙄

Seltsam, was für Bücher mich manchmal finden 😀

Ich will „Abrentnern“ – und zwar sofort! 🙂

„Abrentnern“ – was für ein Wort! 😀 Ich lese in „Fuckin Sushi“ und lache. Diesen kleinen Textauszug muss ich hier einfach festhalten:

„Seit wir nach Bonn umgezogen sind, spürte ich tief im Innern ein Gefühl, das ich nicht richtig beschreiben konnte. Eine verschwommene Vision und Wunschvorstellung, für die ich nie den passenden Ausdruck fand. Abrentnern bezeichnete diesen Zustand genau, das Wort beschrieb einen Idealzustand. Es gab nicht viele Sätze, die ich unterschrieben hätte, doch Ich will Weltfrieden und Abrentnern sofort gehörte auf alle Fälle dazu.
Natürlich musste die Gesundheit mitspielen. Ein Krückstock und Rollator wäre o.k. gewesen, vielleicht sogar ein Rollstuhl. Man durfte nur nicht blind werden oder taub. Vielleicht ein bisschen Rheuma, Asthma oder Gicht, ein erhöhter Cholesterinspiegel und Probleme mit dem Blutdruck, auf keinen Fall aber eine Krankheit wie die von Oma Frese.
Ein Gebiss würde ich in Kauf nehmen. Auch Krankenhausaufenthalte, aber höchstens für eine Woche. Dabei fand ich die Vorstellung gar nicht so schrecklich, allerdings lag ich auch noch nie im Krankenhaus, sondern war dort immer nur zu Besuch. Das Essen sollte furchtbar sein und man verbrachte viel Zeit mit sich.Im Grunde genommen stellte ich mir ein Krankenhaus wie Gefängnis vor, nur mit netteren Menschen. Dafür sind alle krank.
Zum Abrentnern bräuchte ich nicht viel. Ein Zimmer, ein Fernseher, einen Computer mit Internet, Taschengeld und Essen auf Rädern. Auf ein auto würde ich verzichten, wenn ich umsonst Bus und Bahn fahren darf. Ich möchte viele Ausflüge unternehmen, durch Fussgängerzonen spazieren und mir Staudämme ansehen. Meinetwegen auch in Gruppen, morgens hin, abends zurück. Ich könnte aber auch wie die Küblers den ganzen Winter auf einer warmen Insel verbringen. Überhaupt würde ich gern am Meer leben. Nicht um zu schwimmen, sondern wegen der Aussicht, der Wellen und des Rauschens. Meer war für mich wie das Video zu einem Lied, das nie aufhörte.
Manchmal, wenn ich nachts wach geworden war und wieder einschlafen wollte, mich auf den Bauch rollte, die Beine ausstreckte, meinen Kopf ins Kissen presste und die Augen schloss, sah ich, wie ich einen Strand entlang spazierte, ganz langsam, gegen den Wind. Ich hatte Gummistiefel an, die Kapuze meiner Regenjacke aufgesetzt und guckte durch ein kleines Loch. Ich schaute an mir hinab und sah in dem Ausschnitt meinen Ärmel, das Bündchen und meine Hand, die eine andere Hand hielt. Die andere Hand war kleiner, aber genauso schrumpelig und die Fingernägel der anderen Hand waren rot lackiert. Es war eindeutig eine Frauenhand, und wegen dieser Hand wusste ich, dass ich nicht schwul war. […]
„Ist das eigentlich normal, dass ich so oft ans Abrentnern denke?“ fragte ich René. „An eine einsame Insel mit Hängematte, um mich herum das Meer, Schildkröten und Affen. Ich bin doch noch viel zu jung.“
„Quatsch“, antwortete René. „Du bist im genau richtigen Alter. Was nützt dir das Abrentnern denn, wenn du alt und krnak bist, nichts mehr siehst und im Rollstuhl hockst?“
„Oder Krebs hast oder einen Schlaganfall bekommst“, sagte ich leise. „Oder einen Herzinfarkt“, ergänzte René. „Das ist ja das Perverse. dass du gar nicht weisst, ob du es bis zur Rente überhaupt schaffst.“
„Und ob es dann noch Rente gibt“, sagte ich. René nickte. „Eigentlich müsste man mit dem Abrentnern viel früher anfangen“, schlug er vor. „Nicht erst mit siebzig Jahren, sondern schon mit zwanzig.“
„Direkt nach der Schule“, sagte ich. „Als fliessender Übergang.“
„Genau“, nickte er. „Was spricht überhaupt dagegen?“ Er machte eine kurze Pause und sah mich an. „Nichts“, antwortete er. „Man muss einfach nur die Reihenfolge tauschen. erst Schule, dann Rente, dann Arbeit.“ „Richtig“, rief ich. „Man teilt einfach die Lebenserwartung durch drei, sagen wir fünfundsiebzig. Das macht dann fünfundzwanzig Jahre Schule, fünfundzwanzig Jahre Rente und ab fünfzig arbeiten bis zum Umfallen.“
„Wer länger lebt, muss auch länger arbeiten“, erklärte René.“Das ist nur gerecht.“ Ich nickte. René schaute auf die Maulwurf-Uhr über meinem Schreibtisch. Ich war ganz aufgeregt. „Wir sollten eine Partei gründen“, rief ich tatendurstig.
„Oder zusammen Musik machen“, meinte René ….“ 😀

… oder zusammen Musik machen! Die Grundidee zur Gründung einer Band.

Ich finde es echt gelungen, wie Marc Degens hier die alterstypischen Vorstellungen eines Teenagers in die Story einbaut. Einfach wundervoll, wie er (be-)schreibt. Und nun freue ich mich darauf, wie es weitergeht … :yes:

„Unter sieben Minuten passiert bei mir gar nichts.“ …

Im Buch Fuckin Sushi geht es um die Liebe zur Musik und die Länge von Songs. Niels sagt: „Unter sieben Minuten passiert bei mir gar nichts.“.

Bei dem Wort „sieben“ denke ich sofort an zweierlei und muss unweigerlich lächeln … die Sieben! Die siebte Welle! Unter sieben Minuten passiert bei mir gar nichts 🙂 Mir fällt dabei sofort ein Song ein, den ich früher ohne Ende gehört habe – länger als sieben Minuten. Ich denke an Eight Miles High.

Die Dauer des Lieds konnte während eines Konzerts bei diesen Jungs Zeiten von über 15 Minuten erreichen.   

Das Buch soll ein fantastisches Ende haben – na, das hoffe ich, denn ich liebe Happy Ends. Ich lese dann mal weiter