Hüte dich vor Menschen, die …

 

Was für eine Botschaft! Überhaupt ist dieses Buch voller Botschaften. Ich habe das Gefühl, wieder eine kleine Schatzkiste in Händen zu halten, prall gefüllt mit Wahrheiten, mit Lebensweisheiten, die mich anfunkelnd wie Juwelen, die mich anleuchten und nachdenken lassen … vielleicht sogar ein wenig erleuchten!

Es sind wertvolle Antworten auf Lebensfragen, die sich uns im Laufe unseres Lebens stellen, in Bezug auf unsere Liebe(n) und all die damit verbundenen Enttäuschungen und Schmerzen. Und auch auf den Tod! Einige dieser „Weisheiten“ sind mir bekannt und scheinen zu zutreffen. Viele Philosophen haben sich bereits damit eingehend beschäftigt und uns ihr Vermächtnis hinterlassen. Warum wohl?

Scheinbar schieben wir Erkenntnisse, vor allem unangenehme, immer gerne schnell zur Seite und müssen von Zeit zu Zeit wieder daran erinnert werden, weise Worte noch besser zu beachten. Sie geraten allzu oft in Vergessenheit und verschwinden für lange Zeit in einer „Schatzkiste“. Zunächst bewundern wir sie höchst erfreut, aber dann schließen wir den Deckel. Das, obwohl wir genau wissen, wie kostbar sie sind. Doch aus Sorge, diesen kostbaren Fund wieder zu verlieren, verbergen wir ihn sicher in irgendeiner dunklen Ecke unserer Seele. Und danach gehen wir erneut auf Schatzsuche. Wenn wir Glück haben, fällt uns auf unserem dem Weg abermals eine kleine Schatzkiste voller Kostbarkeiten vor die Füße. Dann sollten wir aber auch hinschauen und nicht einfach achtlos darüberstolpern.

Ein Schatzkästlein – dies könnte zum Beispiel ein Buch sein, in dem viele solcher kostbaren „Juwelen“ zwischen den Zeilen versteckt sind, eingefasst in eine wunderschöne, sanfte und überaus poetische Sprache, zusammengesetzt aus einer Kette bezaubernder Wortperlen.

Beeindruckende Bilder, äußerst kreative Wortmalereien, öffnen uns plötzlich die Augen und regen unsere Fantasie an. Geheimnisvolle Metaphern, die unserer Innerstes anrühren, erklären die Botschaft und bewirken, dass wir unseren Blick für nicht nur für die Ganzheit, sondern auch für das kleinste Detail, öffnen. Dies geschieht, weil diese Sprache so voller Kraft und geheimnisvoller Poesie ist, dass wir uns ihr nicht entziehen können. Wir halten inne und versuchen, uns zu erinnern … das hast du doch schon einmal gehört – es scheint ja doch wahr zu sein!

„Du wirst doch jetzt nicht kapitulieren?“
„Nein. Natürlich nicht.“
Leon sah mich scharf an. Dann nahm er entschlossen einen weiteren Schluck Bier, wie um sich für seine Worte zu stärken.

„Manche Menschen richten ihre Interessen danach aus, wie bequem sie zu erreichen sind. Wenn es Schwierigkeiten gibt, wechselt ihre Aufmerksamkeit so schnell die Richtung wie das Drehfeuer eines Leuchtturms. Hüte dich vor Menschen mit kreisenden Interessen. Und vor allem – “ Er stockte.
„Ja?“
„Hüte dich davor, selbst so einer zu sein.“

Ich erinnere mich, dass Leon bei diesem Ratschlag den Blick senkte und seine Stimme einen merkwürdigen Unterton annahm. Für eine Weile starrte er ins Leere, als sei die Schenke um ihn herum mit all ihren Geräuschen und Menschen verschwunden.
Heute wünschte ich, die Beschäftigung mit meinen eigenen Gefühlen hätte an diesem Abend ein wenig Raum für das Geheimnis gelassen, das Leon in seinem Innern trug.

„Hör zu“, setzte er schließlich noch einmal an und blickte mir wieder in die Augen. „Manche Feuer entflammen schnell, aber dann lassen wir sie nicht lange genug brennen, um ein Schiff in den Hafen zu leiten. Das ist alles, was ich dir damit sagen will.“
(Textauszug aus „Leuchtturmmusik“/ Andreas Séché )

Ja, was für eine Botschaft!

Und es ist noch lange nicht alles, was dieser hinreißende, mitreißende und vor allem sprachlich sehr schöne Roman für uns bereithält. Ich habe mich von der ersten bis zur letzten Zeile in diesem Strudel aus auf- und abwallenden Emotionen und auch von den zu Tränen rührenden Gefühlen mitziehen lassen.

Andreas Séché ´s poetischer Schreibstil begeistert mich immer wieder und seine Naturbeschreibungen, über die ich noch berichten werde, sind von einer Schönheit, die ihresgleichen sucht. Einfach beeindruckend!

Wohl einer der schönsten Zustände … Verliebtheit!

 

„Als ich sie (die Aale für die Suppe) ihm brachte und mich schon am Eingang Bratenduft empfing, knurrte mir plötzlich der Magen: Ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und es nicht einmal bemerkt. Es war einfach ein großartiger Tag. Die Welt um mich herum war einverstanden und passte sich meinem neuen Befinden an. Das Gras hatte beschlossen, nach Basilikum zu riechen …“

Während ich das las, fing meine Seele sofort an zu lächeln und beförderte aus ihrer Tiefe die schönsten Erinnerungen hinauf ins für vieles zugängliche Labyrinth meiner Gedankengänge … natürlich kenne ich diesen „Ausnahmezustand“, der alles andere in den Hintergrund treten lässt! Es ist mit sehr vertraut: Das Gefühl, die Welt aus den Angeln heben zu können. Die unglaubliche Leichtigkeit, die uns durch die Zeit schweben lässt, alle Alltagssorgen und Wirren des Lebens hinter uns lassend. Es ist der sanfte Anfang der Verliebtheit, die sich in jeder Nervenzelle ausbreitet und alle Sinne in einen einzigartigen Rausch versetzt. Unsere Gefühle wandern durch den großen paradiesischen Garten unseres Selbst, dieses Paradies, aus dem wir einst kamen und an das wir uns nun erinnern. Es öffnet sich plötzlich und zeigt sich in seiner ganzen überwältigenden Schönheit. Wohl einer der schönsten Zustände, in dem jeder Tag großartig erscheint … insbesondere bei der ersten Begegnung mit dem Menschen, der uns in diesen unglaublich berauschenden Zustand versetzt.

„Unsere Zurückhaltung rührte nicht daher, dass wir einander fremd gefühlt hätten, sondern eher daher, dass wir uns so vertraut waren. Ich kann nicht sagen, woher diese Vertraut kam. Vielleicht aus dem Umstand, dass wir aus irgendeinem Grund in der Vergangenheit keine gemeinsame Zeit gehabt hatten und das nur bedeuten konnte, dass wir in der Zukunft eine haben würden.

Kann man sich auch durch das nahe stehen, was erst noch kommt? Und konnte dies so unweigerlich, so zweifelsfrei sein, dass sich daraus gewissermaßen ein Gefühl vorauseilender Vertrautheit ergab?“ (Textauszug)

Ich war gespannt auf die Beantwortung dieser Fragen und las fasziniert weiter … auch dieses Buch von Andreas Séché hat mich wieder mit allen Sinnen in eine Welt geführt, die mir in gewisser Weise vertraut ist – tief in meiner Seele verankert und erinnernswert.

Wohlgefühl machte sich beim Lesen für Stunden in mir breit. Kann man Schöneres von einem Buch erwarten?

Hier ist es – „Leuchtturmmusik“:

 

 

Selbstbildnis

 

Manchmal sind die Tage grau und kalt…der Regen tropft auf die Straßen
und die Welt scheint still zu stehen…
dann aber sieht man sein Spiegelbild in den Pfützen
und findet sich selbst.

© Damaris Wieser, deutsche Lyrikerin und Dichterin

Ein schönes Zitat, finde ich! Und es stimmt, ich habe mein Spiegelbild nicht nur gesehen, sondern auch fotografiert …  und dann habe ich es gemalt    🙂

Der erste Kommentar, den ich dazu hörte, war: „Toll, die sieht ja aus wie du! Und gleich Glühbirnen dazu, die dich anleuchten!“
Ich stellte die Sache natürlich sofort richtig und erwiderte: „Das sind Tränen, keine Glühbirnen!“
Sieht man doch, oder?