Zähl auf mich/Jorge Bucay

Antonio Machado: Soledades – Einsamkeiten

Als ich in Jorge Bucays „Zähl auf mich“ las, stiess ich auf einen großen Dichter Spaniens und sein Gedicht. Sein Name ist Antonio Machado. Wer mehr über ihn, seine Philosophie und Poesie, wissen möchte, kann hier mal lesen:

http://www.planetlyrik.de/antonio-machado-soledades-einsamkeiten/2010/10/

Das Gedicht in Bucays Buch hat mir grosse Bewunderung und tiefe Gefühle abgerungen –  es ist aus seinem ersten Gedichtband, Soledades („Einsamkeiten“). Dieser wurde zum Teil in Paris geschrieben. Ich denke dabei natürlich gleich an einen anderen Einsamen aus Paris, über den ich gerade in „Das Lavendelzimmer“ gelesen habe.

Nun aber zu Machados wunderschönem Gedicht. Es ist durchzogen von „Machados Melancholie, kindlicher Verspieltheit und Unverstelltheit“ :

„Träumend wandre ich dahin auf Abendwegen.
Die Höhen umgoldet, die Pinien grün,
staubgrau die Steineichen stehn! …
Wohin mag der Weg wohl leiten?
Ich singe und folge nur
des Pfades endloser Spur.
– Der Tag beginnt zu entgleiten. –

„Tief drinnen im Herzen stak
ein Stachel, der schmerzte sehr;
ich zog ihn – seit jenem Tag
spüre ich das Herz nicht mehr.“

Und die Felder ringsum sind
auf einmal stumm, voll Verdruss,
gedankenversunken, Wind
raschelt in Pappeln am Fluss.

Tiefer in Dunkelheit sinkt
der Abend. Der Weg, er windet
sich weiter, schwächlich noch blinkt
sein Weiss, wird trüb und
entschwindet.

Und wieder schluchzt mein Gesang:
„Goldener Stachel, der als Schrecken
so tief in das Herz mir drang
– ach, fühlte ich dich noch stecken!“

Ein wunderschönes wehmütiges Gedicht eines Träumers.

„Die „Abendwege“ sind Gegenstand des Träumens, nicht räumliche Präzisierung des Gehens: das imaginierende Ich träumt (immerzu) von Wegen im Abend.“

“ – ach, fühlte ich dich noch stecken!“