Bilderbuchdörfer und ein blauer See

 

Das milde Klima und der Postkartenhimmel, das angenehme Wetter und die fantastische Aussicht, alles hat gepasst auf dem Luganer See mit seiner ganz speziellen Form und seinen in alle Richtungen reichenden Arme.Darüber hinaus umgeben von grünen Bergen und Kastanienwäldern, die sich im herrlich blauen Wasser spiegeln. Und dann die malerischen bunten Dörfer am Ufer entlang – Augenblicke, die sich tief in mir eingeprägt haben. Über drei Stunden lang habe ich mir alles vom Wasser aus angesehen, auf einem Schiff der Schifffahrtsgesellschaft des Luganersees.

In den zwanziger Jahren hat das Hermann Hesse auch getan und schrieb: „Das war schön!“ Besonders das Fischerdorf Gandria hatte es ihm angetan. Er hat es immer wieder besucht, obwohl er vom Balkon seiner Wohnung im Casa Camuzzi wie auch von seinem Haus „Casa Rossa“ aus den Ausblick auf dieses grandiose Landschaftsszenario hatte. “

„ich stehe auf und gehe auf die Terrasse hinaus, dort blickt man über ziegelgedeckte und efeubewachsene Brüstungsmauern gegen Gandria ….“ – er muss es wohl sehr geliebt haben.

Ich habe es vom Schiff aus gesehen und war ergriffen von so viel Schönheit.  Gandria, angeschmiegt an den steilen Hang des Berges Monte Brè:

 

Gandria, ein ganz spezieller Ort!

 

Aber zauberhafte Ansichten gab es während der ganzen Schifffahrt – überall gab es etwas zu entdecken. Hier ein paar Impressionen (zum Vergrößern bitte anklicken!) :

 

Für mich war es ein großartiges Erlebnis und ich kann jetzt nachempfinden, was Hermann Hesse bei diesen Aussichten wohl fühlte und auch in vielen Gemälden darstellte.

Manche Gläser können schreiben …

 

 

Jetzt habe ich endlich seine Erzählung gelesen: „Das schreibende Glas“. Darunter konnte ich mir so gar nichts vorstellen und war schon sehr gespannt. Nun habe ich das Büchlein mit dieser schönen Erzählung. Interessant war es schon am Anfang. Da las ich:

„Im Haus der Freunde waren nur die Frauen da, der Vater verreist.
Wir ruhten und wurden gespeist, es gab Wein, Kaffee, Zigaretten.“ … hmmm …

… nochmal: „Wir ruhten und wurden gespeist, es gab Wein, Kaffee, Zigaretten.“

Ja gut, aber die Speise zum Speisen? Zum Speisen muss doch etwas zwischen die Zähne, eine Kleinigkeit zum Kauen und Hinunterschlucken. Also solch eine Gastfreundschaft wundert mich jetzt sehr.

Lieber Hermann, dass DU davon satt wirst, will ich ja nicht bestreiten – mit DIR würde ich überhaupt nie streiten, denn gegen deinen Eigensinn komme ich eh‘  nicht an –  aber ICH würde dabei ganz elendiglich verhungern.

Ich habe das Lesen unterbrochen und erst mal nachgedacht. Dabei habe ich gemalt: Hugo, Emmy und Lisa – und natürlich das schreibende Glas, das auf den Kreis mit den Buchstaben wartete.

Dann ging es endlich weiter … im Buch! 😉
Da sind noch mehr schöne Erzählungen drin – genauer gesagt acht!

Stein der Worte … ein poetischer Ort

 

Sasso delle parole („Stein der Worte“)

„Stein der Worte“ – es schien ein sogenannter „poetischer Ort“ zu sein, an dem ich mich auf den Spuren Hermann Hesses befand. Und poetische Orte regen die Lust am Leben an, sagt man. Dieser Ort hat ihn immer wieder angezogen. Er war dort allein. „Für die Phantasie ist dieses Verlassen-Sein aufregend.“, habe ich mal irgendwo gelesen.

Oft stapfte er mit Staffelei, Farben und Leinwand zum Sasso delle parole, dem „Stein der Worte“. Es war einer seiner Lieblingsplätze. Von diesem weissgrauen, zerklüfteten Felsplateau schweifte sein Auge von einem Felsvorsprung aus über die glitzernde Fläche des Sees und die Berge. Seine Augen liebkosten die malerischen Dörfchen, die sich vor ihm ausbreiteten.

All diese Betrachtungen sollen auch Inspiration für sein herzbewegendes Gedicht „Blick nach Italien“ gewesen sein.

Blick nach Italien

Über dem See und hinter den rosigen Bergen
Liegt Italien meiner Jugend gelobtes Land,
Meiner Träume vertraute Heimat.
Rote Bäume sprechen vom Herbst.
Und im beginnenden Herbst
Meines Lebens sitz‘ ich allein,
Schaue der Welt ins schöne grausame Auge,
Wähle Farben der Liebe und male sie,
Die so oft mich betrog,
Die ich immer und immer noch liebe.
Liebe und Einsamkeit,
Liebe und unerfüllbare Sehnsucht
Sind die Mütter der Kunst;
Noch im Herbst meines Lebens
Führen sie mich an der Hand,
Und ihr sehnliches Lied
Zaubert Glanz über See und Gebirg
Und die abschiednehmende, schöne Welt.

Dort sass er also auf seiner „roten Bank“, sinnierte und malte  … und genau dort hätte ich jetzt auch gerne mein Bild gemalt:

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