Ein Kommentar in meinem Eintrag vom kleinen Eisbären, hier:
https://seelenglimmern.com/2017/02/01/er-ist-ein-junge-und-heisst-fritz/
hat mich nun sehr zum Denken angeregt und ich habe dabei nach einer Antwort für den Kommentator gesucht. Konrad Lorenz und seine Zitate zu erklären, ist nicht unproblematisch, wenn man die Zusammenhänge, seine Motivationen und seine Wissenschafft nicht gerade so auf die Schnelle darlegen kann – im übrigen bin ich auch nicht unbedingt die gute Erklärerin, auch wenn ich selbst meine, seine Worte zu verstehen oder versuche, diese mir selbst zu erklären.
Zunächst der Kommentar: „der unfreie will eine andere kreatur unfrei machen, um sich frei zu fühlen ? das verstehe ich nicht. oder habe lorenz nicht verstanden.“
Mir ist dazu Folgendes durch den Kopf gegangen:
Frei oder unfrei … ich denke, diese Frage stellte sich in dem Paradies, das Lorenz meint, nicht. Sich ein Tier halten bedeutet für mich nicht, es zu «versklaven» oder mir nutzbar zu machen, sondern mit ihm harmonisch zusammenzuleben, wobei ich sein Wesen und seine Verhaltensweisen kenne und auch beachte. So war das sicher in dem Paradies, das Lorenz meint. Dort herrschte trotzdem Ordnung/Regeln – aber von der Natur geschaffene.
In einem Rudel wilder Wölfe zum Beispiel herrscht Ordnung und es werden Regeln befolgt – jeder hat seine Aufgabe, jeder funktioniert in seiner Rolle – ohne dass er sich unfrei fühlt. Alles ist begründet auf die Verhaltensweise eines Wolfes. Lorenz hat sich die Gans Martina «gehalten». Das war nicht so, dass er sie gefangen hielt, sondern sie lief ihm als junges Küken instinktiv und freiwillig nach (eine Gans will nicht alleine sein!) und er bemühte sich dann, ihre Wesensart zu ergründen. Auch, soweit dies möglich war, gemäss IHRER Verhaltensart mit ihr zu leben – er schwamm mit ihr im Teich und sie fühlte sich bei ihm wohl. Sie fühlte sich bei ihm frei und er fühlte sich dabei nicht unfrei.
Der «Kulturmensch» heute kann kaum mehr instinktiv handeln, er kann sich nicht anpassen, neigt dazu, sich alles untertan machen zu müssen und seine Hauptaufgabe sieht er meist darin, für seine «Freiheit» kämpfen zu müssen … oft genug mit Gewalt, oft genug gegen ein Tier, siehe z.B. die Stierkämpfe oder die vergnüglichen Treibjagden! Mit welchem Recht nimmt sich der Mensch diese FREIHEIT ?
Ich «halte» mir eine Katze und bewundere sie sehr oft, während ich an ein Paradies denke, in dem keine Katzen abgeschossen oder ertränkt wurden, um anschliessend ungestört die «Freiheit» des wohlverdienten 3-Wochen-Urlaubs im Urlaubsparadies geniessen zu können. Ich möchte mit meinem Kater Max paradiesisch, d.h. harmonisch, zusammenleben. Und so habe ICH Lorenz verstanden.
Nun, in einem Zoo werden Tiere „gehalten“ – über dieses Thema wird ausgiebig gestritten! Ob dies sinnvoll, d.h. im Sinne der Tiere ist, mag ich hier jetzt nicht bewerten. Aber ich unterstelle dem Zoo die gute Absicht, das Wesen und die Verhaltensweise der Tiere zu kennen, zu berücksichtigen und entsprechend für sie zu sorgen.
Ich sehe mir manchmal auch Zootiere an, spreche auch mit ihnen und und wenn ich mich frage, warum ich das tue, fällt mir eben dieses Zitat ein:
Der Wunsch, ein Tier zu halten, entspringt meist einem uralten Grundmotiv, nämlich der Sehnsucht des Kulturmenschen nach dem verlorenen Paradies der freien Kultur. (Konrad Lorenz)
Falls hier jemand noch einige Ideen/Erklärungen zu diesem Zitat hat, würde ich mich freuen, diese zu erfahren … und o.g. Kommentator sicher auch! 🙂
Tiere kennen keine Risiken und die damit verbundenen Konsequenzen, ob diese Art von Freiheit (Der Tiere) erstrebenswert ist, ich weiß nicht so Recht! Wenn, dann nur ohne Verstand! Ich hoffe Du verstehst was ich meine!?😏😊😉
Lg Babsi
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Mir ist nicht 100pro klar, was genau du meinst. Aber zu „Tiere kennen keine Risiken und die damit verbundenen Konsequenzen“ kann ich bestätigen, zu welchem Ergebnis die Verhaltensforschung bei Tieren gekommen ist: „Ein Tier wählt unter den auslösenden Reizen der Umwelt aus, dabei werden Konsequenzen berücksichtigt (trotz Hunger keine Nahrungsaufnahme, wenn Feind in der Nähe.)“ und da gibt es noch etliche Beispiele. Dann sind da noch die angeborenen Verhaltensweisen, wenn nämlich ein Tier unabhängig von Erfahrung biologisch sinnvoll reagieren. Beispiel: „Junge Barsche schwimmen, auch wenn getrennt von der Mutter aufgewachsen, bei Gefahr in eine Kugelattrappe mit Loch.“ … also, wenn mein Kater „handelt“, frage ich mich oft:“Warum tut er das?“. Er ist „Freigänger“, könnte also gehen. Aber er wählt und kommt lieber immer wieder zurück. 🙂 Die Verhaltensforschung bei Tieren steckt noch immer in den Kinderschuhen und wir wissen noch längst nicht alles.
LG Christel
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Ja klar, dass Thema ist viel zu komplex und Du hast das sehr schön erklärt! Mir stellt sich nur die Frage, werden bei den Tieren die Konsequenzen vom Instinkt oder vom Verstand gesteuert, eher Instinkt. Und dann glaube ich, dass ein Tier nur kurzfristige Konsequenzen einschätzen kann, also weitreichende eher nicht.
Aber wie Du schon sagtest, um dass zu verstehen, bedarf es lange lange Studien!
Lg Babsi
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