„Gott gibt jedem Alter des Menschen seine dazugehörigen Sorgen.“
Paulo Coelho
Am 28. März 2015 hatte ich mir ein Buch gekauft und seitdem immer mal wieder darüber berichtet, auch schon damals in meinem alten Blog.
Hier z.B.: https://seelenglimmern.com/2016/03/01/solcher-art-muessen-buecher-sein/
und hier: https://seelenglimmern.com/2015/06/26/glauben-mann-ausgesucht-grausam-vollkommen-kalt-20601400/
Dieses Buch ist ein ungewöhnliches, ein ganz besonderes. Es bekam von mir 5 Sterne mit ***** !
Denn es ist ein Buch, das Menschen zu leben hilft.
Es ist ein Freund, der begleitet. “ Hemingway sagte es so:
„Es gibt keinen Freund, der so treu ist wie ein Buch.“
Heute habe ich folgende Zeilen nochmals darin nachgelesen:
„Vorbei. Jetzt möchte ich nur noch ein Buch schreiben können, das Menschen zu leben hilft. Beim Altwerden. Beim trotzdem und immer noch Lieben. Es ist so schade. Ich habe alles, was ich brauche, den Stoff, die Handlung, die Recherchen abgeschlossen, sogar den Schluss habe ich. Aber ich habe wahrscheinlich nicht mehr genügend Geisteskraft, um es zu Ende zu bringen. Wenn man nur könnte, wie man könnte, wenn man könnte. Jetzt, scheint mir, würde ich wissen, wie das geht: Schreiben. Jetzt, da ich nicht mehr schreiben kann. Nichts mehr als diese armen Aufzeichnungen. Vielleicht ist das so. Dass man statt am Anfang am Ende von etwas weiß, wie es geht. Und dass am Ende, wenn das Programm Bewusstsein abstürzt, ganz kurz noch das volle Bewusstsein davon da ist, wie man leben muss. Und die Verzweiflung darüber, dass es zu spät und alles unwiederholbar ist. Wir Dementen erfahren dies, was ihr anderen nur einen Moment lang aushalten müsst, den Absturz des Programms Bewusstsein, über Jahre hin. Wir erfahren es bei lebendigem Leibe. Es tötet uns langsam. Wir erfahren es wieder und wieder. Es tötet uns schrittweise, und diese Schritte gehen alle in dieselbe Richtung. Rückwärts. Immer rückwärts. Man glaubt nicht, wie weit es da rückwärts geht. Habe ich »Wir Dementen« geschrieben? Man sagt, es sei nur am Anfang schlimm. Solange man es noch selbst merkt. Später dann wisse man nichts mehr von sich selbst, könne also auch nicht mehr leiden. Aber rückwärts ins Nichts zu gehen. Ermisst man, was das bedeutet? Im Rücken nichts und vor Augen eine sich verflüchtigende Welt, die mit jedem Rückwärtsschritt ferner und fremder wird? Wirst du bei mir bleiben? Wie soll das gehen? Ich werde mich auch von dir in kleinen Rückwärtsschritten entfernen. Manchmal werde ich noch die Hände nach dir ausstrecken. Du wirst versuchen, sie zu ergreifen, sie festzuhalten. Dann wird es nur noch ein Winken sein, von immer ferner. Ich weiß, du wirst von Hoffnung zu mir sprechen. Ich werde das Wort noch verstehen. Aber es wird wie ein losgerissener Luftballon sein, dem ich nachblicke, wie er entschwebt, bis da nichts mehr ist als der Dunst, von dem er ununterscheidbar geworden ist. Du wirst trotzdem weiter davon sprechen, das weiß ich. Von GlaubeLiebeHoffnung. Du wirst es dir auch selbst zurufen müssen, denn es wird sehr schwer für dich werden. Und wir werden sehen (werden wir sehen?), ob am Ende die Liebe das Größte darunter gewesen ist.“ (Knauss, Sibylle. Das Liebesgedächtnis: Roman)
Die Liebe ist und war immer das Größte.
Und ein anonymer Autor im Netz hat es folgendermaßen in Worte gepackt:
Demenz
erinnerungen, die die krankheit frißt
vergessen was gewesen ist
freude, liebe, leid und trauer
einfach fort, nicht mehr von dauer
alles was mal war im leben
ist jetzt weg – hat´s nie gegeben
dieser mensch kennt dich nicht mehr
und die augen blicken leer
kannst nichts tun – nur noch warten
so schlimm es ist – ein abschied auf raten.
Dieser Abschied auf Raten kann sehr lang werden und es ist sehr schwer, jemanden auf dieser Reise zu begleiten.
Es ist eine Reise, die Ronald Reagan am 5. November 1994 beschrieb. Er wandte sich dabei nicht im TV an die Öffentlichkeit, sondern schrieb ihr einen Brief. Der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten war zu diesem Zeitpunkt 83 Jahre alt. Diese Reise dauerte dann fast 10 Jahre an :
„Ich beginne nun die Reise, die mich zum Sonnenuntergang meines Lebens führt.“
Dieser sehr berührende Brief ist hier zu lesen:
pu, ja, sehr gut geschrieben. Angst, es könnte einen betreffen. erste Anzeichen? Namen entfallen, Wörter sind nicht mehr da, man vergisst, wo was war, Aber die wichtigen Erinnerungen sind noch intakt. Und noch weiß man, wer wer ist,,,, Also alles in Ordnung.
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Ja, das Vergessen schleicht sich langsam ein, sehr langsam. Und plötzlich stehst du verwundert da und beobachtest, wie dieser bisher vor Gesundheit strotzende Mensch in der Küche umherwandert und alle Schubladen und Schranktüren aufzieht … auf der Suche nach einer Kaffeetasse, die seit eh und je ihren festen Platz im Geschirrschrank im Esszimmer hat. Danke für deinen Kommentar, liebe Gerda und schönen Sonntag!
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