Wie ein Grashalm im Sturm …

Was sagt man einer Trauernden? Oftmals: Du bist eine starke Frau, du wirst mit den neuen Gegebenheiten fertig werden.

Stark? Nein, ich bin eher biegsam wie ein Grashalm der sich im Sturm anpasst, sich beugt und später dann wieder aufrichtet. Er zerbricht nicht daran, während ein starker Baum im Sturm umstürzt und entwurzelt. Einem Grashalm kann selbst ein schlimmer Sturm nichts anhaben.

Ich las ein Buch, das ich wirklich für mich in meiner Situation als „Ratgeber“ bezeichnen kann:

„Alles ist gut, bis es das dann nicht mehr ist“ von Elke Naters

Auch sie hat ihren Mann verloren und weiß, wovon sie spricht. Viele ihrer Gedanken und Emotionen kann ich nachvollziehen, weil diese mit den meinen übereinstimmen. Und auch sie wurde gefragt, ob sie sich nicht Hilfe suchen wolle – z.B. eine Therapeutin

Nein, das wollte sie nicht und ich will es auch nicht.

Auch mir kann niemand meinen Mann zurückbringen. Wenn ich für einen Moment nicht mehr weiter weiß, dann spreche auch ich mit ihm, so wie früher. Er ist immer noch bei mir und das hilft. Er selbst hat zwar mit mir noch keinen Kontakt aufgenommen und ich habe auch noch nicht gesehen, wie er sich manifestiert, sich für mich sichtbar macht, trotzdem weiß ich, dass er immer noch bei mir ist – nur anders!

Auch was die „guten Ratschläge“ anbelangt, bin ich ihrer Meinung. So manche Ratschläge, die man der/dem Trauernden gibt, empfinde auch ich als Anmaßung. Trauer ist etwas ganz persönliches und jeder trauert anders. Was sollen da „allgemeine“ Ratschläge? Ich bestimme, wie ich damit umgehe und wie ich trauere. Auch ich möchte dabei keine Trauerbegleitung, keine Anweisungen, wie man richtig trauert.

Elke Naters fragt in ihrem Buch, wie man richtig trauert. Ihre Lösung: ohne viel zu denken. Man soll sich den Wellen hingeben wie dem Wetter und darauf vertrauen, dass sie vorübergehen. Keinen Widerstand leisten, denn das verursacht nur noch größere Schmerzen.

Ja, man kann es so vergleichen: die Trauer kommt in Wellen. Und oft bäumt sich eine Welle auf, wird zum Riesen, der mich zu erschlagen droht. Aber dann zieht sie sich doch wieder zurück und ich kann in Ruhe weinen, im Bett rumhängen und mir die Zeit für meine Trauer erlauben, solange ich das brauche.

Während dann meine Tränen fließen, denke ich an ihn und spüre immer wieder diese große Dankbarkeit für unsere Liebe und das schöne Leben, das wir zusammen so lange verbringen durften. Sicher, ich bin traurig, dass es vorbei ist und auch nicht mehr wiederkommen wird. Ich vermisse Beides. Doch ich finde in einem „Wissen“ Trost: Du bist noch bei mir. Nur eben anders! Das spüre ich.

Ich weiß nicht, was mir die Zukunft bringen und wie lange diese schmerzhafte Trauer anhalten wird, aber ich werde weiterhin lernen, zu akzeptieren was ist und das Beste daraus machen.

Das Buch (in das ich sicher nochmal reinschauen werde, wahrscheinlich sogar öfters):

Naters, Elke. Alles ist gut, bis es das dann nicht mehr ist Ullstein eBooks. Kindle-Version.

Gemälde und Text © chrinolo

5 Gedanken zu “Wie ein Grashalm im Sturm …

  1. Es hat den Anschein, dass Du einen guten Umgang gefunden hast, und ich drücke Dir die Daumen, dass Du auch weiterhin so mit Deiner Trauer umgehen kannst, ganz egal, wie lange sie dauert, ganz egal, wie sie sich zeigt.

    Zwei Bücher, die ebenfalls diese Grundhaltung vertreten und die ich sehr gut finde, möchte ich hier einfach nur aufschreiben: „Im Club der Trauernden“ und „Ich lebe mit meiner Trauer“ bzw. „Wir leben mit Deiner Trauer“.

    Alles, alles Gute für Dich.

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    • Dankeschön für dein Mitgefühl und deine Worte. Und auch für die Buchtipps. Das Erstere habe ich mir auf mein Kindle geladen und werde es jetzt lesen.

      Ja, ich komme klar in dieser Situation, wie viele andere auch, die solch eine Erfahrung hinnehmen und akzeptieren müssen.

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