Damals, als ich noch ein Kind war – dein erstes Enkelkind, das du tagein tagaus immer „im Schlepptau“ hattest. Bei der Gartenarbeit, beim Schweine- und Hühnerfüttern, bei der Arbeit auf dem Acker, wo Kartoffeln, Kukuruz (Mais) und Sonnenblumen wuchsen und auch, während du gekocht und gebacken hast.
Ich hing dir stets am Rockzipfel. Mit deiner dunkelblauen, weiten Schürze hast du mir unermüdlich die beschmutzten Händchen abgewischt und bei dieser Gelegenheit auch gleich noch die kleine, triefende Nase geputzt. All deine Aufmerksamkeit und deine ganze Liebe gehörten mir. Deine gütigen, liebevollen Augen ließen mich nie daran zweifeln.
Oft sah ich in ihnen die kleinen, leuchtenden Lichter funkeln. Und wenn ich fragte: „Oma, darf ich bei dir schlafen?“, hast du amüsiert gelächelt.
Natürlich durfte ich und kuschelte mich an sie, wenn sie mir zum Einschlafen Geschichten aus ihrer ungarischen Heimat erzählte. In diesen Momenten war ich wohl das glücklichste Kind der Welt.
Ich wünschte so sehr, sie würde mich mit ihren warmherzigen Augen noch einmal so anschauen. So wie damals ….

Manchmal lese ich wieder das wunderschöne Gedicht „Großmütterchen“ von Karl May, denn es erinnert mich sehr an sie.
Großmütterchen
Sie trug mich stets auf ihren Armen;
Sie lehrte mich den ersten Schritt.
Und weinte ich zum Herzerbarmen.
So weinte sie erbarmend mit.
Wenn sie des Abends mich ins Nestchen
Mit linder Segenshand gebracht.
So bat ich: »Bleibe noch ein Restchen«,
Und meinte da »die ganze Nacht«.
Und wenn ein böser Traum mich schreckte.
So saß sie da beim kleinen Licht,
Nahm weg den Schirm, der es bedeckte.
Und sah mir liebend ins Gesicht.
Trotz ihrer hellen Augensterne
Tat ich sodann die Frage doch:
»Ich träume ohne dich nicht gerne;
Großmütterchen, sag, wachst du noch?«
Zwar ist sie längst von mir gegangen;
Ich selbst bin alt, fast schon ein Greis,
Und fühl mich doch von ihr umfangen.
Die mich noch jetzt zu segnen weiß.
Stets ist es mir, geh ich zur Ruhe,
Als setze sie sich zu mir hin.
Und wenn ich etwas Wichtiges tue.
Kommt sie mir hilfreich in den Sinn.
So oft ich Sterne leuchten sehe,
Hell wie in meiner Jugendzeit.
Hör ich ihr Wort: »Was auch geschehe.
Du und dein Glück, ihr seid gefeit.«
Dann möcht ich, wie in jenen Tagen,
Zwar überflüssig, aber doch
Die lieben, lieben Sterne fragen:
»Großmütterchen, sag, wachst du noch?«
Wie schön! Dies Bild und das Gedicht rühren ans Herz.
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Danke, liebe Gerda, wir sprachen ja kürzlich über Augen …
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Ooooh, ist DAS schön! Soooo anrührend!
Gruß von Sonja
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Dankeschön, liebe Sonja, freut mich, dass es dir gefällt 🙂
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Was für eine wunderschöne Hommage! Solche Erinnerungen verblassen niemals, denn sie sind voller Liebe! 👌👍💖🙋
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Die Erinnerungen an meine Oma sind immer gegenwärtig, liebe Babsi. Ich hatte eine sehr enge Beziehung zu ihr und verdanke ihr eine wunderschöne Kindheit 🙂
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und durch SIE habe ich heute ein neues … ganz tolles Wort gelernt …
*Kukuruz* … ist mein Wort des Monats … 😎
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*lach* kanntest du dieses lustige Wort für Mais nicht?
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nein … aber bei dir kann ich was lernen … und das … ist gut so … 🙂
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Ein sehr schöner, berührender Beitrag.
Das Bild ist echt toll. Da kommen so viele Emotionen rüber. Man kan ein wenig nachspüren, wie eng eure Beziehung gewesen sein muss.
Das Gedicht ist auch sehr passend. Och hatte Karl May gar nicht als Dichter auf dem Schirm. 🙂
Liebe Grüße
Hannes
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Dankeschön Hannes, ich freue mich, dass dich mein Beitrag berührt 🙂
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gerade entdeckt, das Bild der Großmutter liebevoll und fabelhaft gemalt und beschrieben.
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Dankeschön, ich habe kein großes Foto von ihr, also habe ich sie gemalt 🙂
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Meine Frau hat auch solch eine liebevolle Beziehung zu ihrer Großmutter gehabt 😀
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